Am Wochenende las ich einen Zeitungsbericht, in dem es um einen indischen Kampfhahn ging. Der besagte Hahn sollte an einem (in Indien eigentlich verbotenen) Hahnenkampf teilnehmen und natürlich gewinnen, indem er alle anderen Teilnehmer tötet. Dazu wurde eine scharfe Rasierklinge an seinem Fuß befestigt. Kurz vor dem Kampf flatterte der Hahn allerdings wieder in die Arme seines Besitzers und rammte ihm seinen Fuß samt Rasierklinge in die Leiste. Der Besitzer erlag kurz darauf seinen starken Blutungen.
Dieser Bericht erinnerte mich an eine alte chinesische Geschichte:
Es war einmal ein chinesischer König, der einen starken Kampfhahn besitzen wollte. Er erteilte einem Untertanen den Auftrag, einen solchen auszubilden. So wurde dem Hahn zunächst die Technik des Kämpfens beigebracht. Nach zehn Tagen fragte der König, ob er nun einen Hahnenkampf veranstalten könnte. Der Ausbilder lehnte dies vehement ab uns sagte, dass der Hahn noch voller Kampfgeist und Leidenschaft ist. Wenn er einen anderen Hahn aus dem Nachbarort hört, kommt er in Wut und will sich gleich in den Kampf stürzen.
Nach weiteren zehn Tagen der Übung fragte der König erneut, ob er jetzt ein Turnier veranstalten könnte. Der Ausbilder entgegnete, dass der Hahn zwar keine Leidenschaft mehr zeigt und ruhig bleibt, wenn er einen anderen Hahn hört. Auch seine Haltung ist nun aufrecht und er zeigt eine kraftvolle Körperspannung. In Wut gerät er ebenfalls nicht mehr.
Der König fragte erneut, ob er seinen Kampf nun veranstalten könnte und der Ausbilder entgegnete „Vielleicht!“. Der König ließ eine große Anzahl an Hähnen bringen und veranstaltete sein Turnier. Erstaunt sah er, dass die anderen Hähne sich dem Hahn des Königs nicht näherten. Im Gegenteil, sie flohen vor ihm. Der Hahn des Königs gewann den Kampf, ohne zu kämpfen. Er war zu einem „eisernen Hahn“ geworden. Die anderen Hähne verneigten sich vor seiner inneren starken Energie und Sicherheit.
Ich frage mich, was passiert wäre, wenn der indische Besitzer seinen Kampfhahn so ausgebildet hätte wie damals im alten China… Wahrscheinlich wäre er noch am Leben. Die höchste Kunst ist zu siegen, ohne zu kämpfen. So auch im Tai Chi.